Der Tempel in Edfu ist der besterhaltendste Tempel, den ich auf meiner ganzen Reise gesehen habe. Er wurde ab 237 BCE, in der Griechischen Zeit, erbaut. Hier kann man sich gut vorstellen, wie diese Tempelbauten einst ausgesehen haben und welche Wirkung sie auf die Besucher hatten.
Auch ist er geradezu ein Modell für einen typischen altägyptischen Tempel. Und Tempel waren für die Ägypter auch ein Modell ihrer Welt. Die Eingänge durch den Pylon, den Hof, die Säulenhalle und das Allerheiligste liegen alle auf einer Achse. Der Boden steigt leicht zum Zentrum der Anlage hin an und die Decken werden stets etwas niedriger. Wie die Perspektive zum Horizont hin verengt sich dadurch der Gang durch den Tempel. Der Gang repräsentiert den Nil, die Lebensachse Ägyptens.
Die Erhöhung des Tempelgeländes zum Allerheiligsten hin repräsentiert den Urhügel der sich im altägyptischen Schöpfungsmythos aus dem Urozean erhob und den wir auch in der Form der Bankgräber, den Mastabas wiederfinden.
Im Allerheiligsten kann man heute eine Replika einer heiligen Barke besichtigen, welche in einem der Vorratsräume gefunden wurde. Um diese Kammer herum befindet sich der „Korridor der Mysterien“ welcher die zehn Vorratskammern erschliesst. Anhand der der Reliefs in diesen Räumen vermutet man, dass hier Opfergaben, Vorräte und Instrumente für die Rituale aufbewahrt wurden.
Vor diesem Kern liegen zwei Säulenhallen. In der inneren Halle sind weitere Kammern angeschlossen. Unter anderem befindet sich hier eine Kammer die man heute das „Labor“ nennt, da sich an deren Wänden Darstellungen und Beschreibungen von Rezepten für verschiedene Zeremonien finden.
Davor befindet sich der öffentliche Vorhof welcher von einer Säulenlaube und Falken-Statuen gesäumt ist. Davor liegt der noch bestens erhaltene Pylon. Auf der Aussenseite des Pylons finden sich hier die „typischen“ Darstellungen: Neben dem Portal in der Mitte kann man die verehrte Gottheit, hier ist es Hor-Behdeti („Horus von Edfu“, eine Lokalgottheit) mit Hathor (Himmelsgöttin des Westens und Muttergöttin, tritt auch in Kuhform auf und wird häufig mit Kuh-Attributen, z.B. Kuhohren oder Hörnern dargestellt). An den Aussenflügeln des Pylons sieht man wie üblich den diesen stiftenden Pharao wie er die Feinde Ägyptens besiegt als Zeichen seiner Macht, aber auch seines Schutzes. Hier sieht man Ptolemaios XII. wie er eine Gruppe Gegner am Schopf gepackt hat und gerade mit seiner Keule zum vernichtenden Schwung ausholt.
Erreicht man den Tempel von Edfu stilvoll mit einer Pferdekutsche vom Boots-Anlegeplatz aus, so kann es beim Tempel von Kom Ombo nicht mehr bequemer gehen. Dieser steht am Nilufer und die Nilschiffe legen direkt davor an.
Der Tempel von Kom Ombo ist einzigartig in ganz Ägypten! Während es in anderen Tempeln zwar oft kleine Kapellen gibt für die örtlichen „Nebengötter“, wurde dieser Tempel von Anfang an als Doppeltempel konzipiert. Er folgt dabei den gängigen Bauprinzipien wie oben beim Tempel von Edfu beschrieben, jedoch hat dieser Tempel zwei Achsen. Die Torbögen sind also alle doppelt und führen zu zwei Allerheiligsten, in dem zwei Gottheiten gleichberechtigt nebeneinander verehrt wurden.
Dies war einerseits Sobek (Krokodilgott, angerufen gegen die Gefahren des Nils) und zum anderen die Falkenköpfige Lokalgottheit Haroeris („Horus der Alte“, wir werden später auch noch Horus als Kind begegnen), welcher nicht mit Horus zu verwechseln ist. Das ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie Lokalgottheiten in den Pharaonenkult integriert wurden. Die Vielzahl der ägyptischen Götter erklärt sich sicher zu einem grossen Teil dadurch, dass die Pharaonen die lokal angebeteten Götter in den gesamt-ägyptischen Pantheon integrieren liessen.
Beim Tempel von Kom Ombo wurden auch, passend zur Krokodil-gesichtigen Gottheit Sobek, auch ein lebendes, „heiliges“ Krokodil gehalten. Nach seinem Tod wurde es mit allen Ehren bestattet, inklusive Mumifizierung und durch ein anderes Tier ersetzt. In einem kleinen Museum beim Ausgang des Tempels kann man viele Krokodile in verschiedensten Grössen und Stadien der Mumifizierung und Bandagierung sehen.