Mitte März 2015 bin ich nach Ägypten gereist, um endlich einmal die bekannten Sehenswürdigkeiten mit eigenen Augen zu sehen und etwas über das alte, aber auch heutige Ägypten zu lernen. Zwar hatte ich das Kapitel über die Geschichte einer der ältesten Kulturen in der Schule aufgrund meiner vielen Schulwechsel verpasst. Aber über Ägypten stolpert man auch immer wieder in der Populärkultur, sei es bei Indiana Jones oder Stargate. Es ist halt ein Teil der Menschheitsgeschichte der schon so lange her ist und solch kolossale Bauwerke hinterlassen hat, dass er auch heute noch viele Menschen und auch mich enorm fasziniert.
Während der Reise habe ich ein Reisetagebuch geführt. Basierend auf diesen Notizen werde ich über die nächsten Tage Artikel veröffentlichen und darin einige der besuchten Orte vorstellen.
Wenn man von über 5000 Jahren Geschichte spricht, kann es schnell etwas unübersichtlich werden. Daher als Einstieg ein Abriss über die Geschichte des Landes, damit die nachfolgenden Berichte auch zeitlich eingeordnet werden können.
Es gab nicht nur eine Pharaonen-Zeit, sondern drei Reiche in denen Ägypten von Herrscher-Dynastien (man zählt 31 verschiedene) regiert wurde. Diese waren unterbrochen von Zwischenzeiten, während derer Ägypten teilweise unter Fremdherrschaft anderer Völkern geriet. Danach folgten Phasen der Fremdherrschaft in denen Ägypten Teil der Reiche der Perser, Alexanders des Grossen, Roms, verschiedener arabischer Herrscher-Dynastien, der Osmanen war und wurde schliesslich durch kolonialistische Europäische Mächte erobert, zuerst von Frankreich unter Napoleon und danach durch das Britische Imperium.
Erst im 20. Jahrhundert wurde Ägypten kurzzeitig wieder zu einer eigenständigen Monarchie unter britischem Einfluss. 1953 erfolgte nach einem Militärputsch die Gründung der Republik und es wurde von den Präsidenten Nasser, Sadat und Mubarak regiert, bis es 2011 zur Revolution kam. Nach einem erneuten Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Mursi im Jahr 2013 ist aktuell der ehemalige General as-Sisi an der Macht.
Die Epochen im Überblick
vor 10800 – 5000 Jahren (bis ca. 3032 BCE) – Jungsteinzeit und prädynastische Zeit
Auch in Ägypten wurden Überreste steinzeitlicher Besiedelung gefunden, mit den typischen Steinmessern, Pfeil- und Speerspitzen aus Feuerstein. Man fand Spuren von Fischfang und Viehhaltung, sowie Keramiken, Schmuck und kleinere Statuetten, insbesondere Stierfiguren. Der Ackerbau hielt im Niltal vor ca. 7500 Jahren Einzug. Dies ist besonders gut ersichtlich an der Merimde-Kultur (Fundort Merimde Beni Salama, ca. 45 km nordwestlich von Kairo).
In der prädynastischen Zeit kam es zu den ersten Reichs-Einigungen zwischen Unter- (das Nildelta am Mittelmeer) und Oberägypten (der Nil bis und teilweise mit Nubien an der Grenze zum heutigen Sudan). Auch wurde damit begonnen Bodenschätze in den Berg- und Hügelketten abzubauen, welche das Niltal zu beiden Seiten begrenzen. Die Kupferverarbeitung begann. Die Naqada-Kultur bildet in Mittelägypten den Vorläufer zum alten Reich. Die in dieser Periode entwickelte Schrift entstand vermutlich unabhängig zur sumerischen Schrift.
Die Begräbnis-Stätten wichtiger Persönlichkeiten werden immer aufwändiger und es finden sich erste Spuren von Mumifizierungen. Es kommt zu ersten Bestrebungen das Reich zu einen, die zumindest teilweise erfolgreich sind. Bekannte Könige aus dieser Zeit sind Skorpion, Skorpion II. und Narmer.
vor 5000 – 4230 Jahren (3032 BCE – 2216 BCE) – Frühdynastische Zeit und Altes Reich
Es sind regelmässige Handelsbeziehungen nach Palästina, Libyen und Nubien belegt. In Altägyptischer Geschichtsschreibung wird ein Pharao Menes als erster Herrscher über ganz Ägypten genannt. Die Reichs-Hauptsstadt wird nach Memphis (südlich von Gizeh) verlegt. Die Pharaonen (Könige) werden in zunehmend monumentalen Anlagen (in Bankgräbern, sog. Mastabas) bei Abydos bestattet.
Neben den verschiedenen Lokalgottheiten kommt im Alten Reich der Sonnenkult um den Gott Re auf, welcher auch dem Pharao grössere Bedeutung als Abkömmling dieser Gottheit verlieh. Unter Djoser wurde unter Leitung des Baumeisters Imhotep mit der Stufenpyramide aus Stein der entscheidende Entwicklungsschritt vom Bankgrab zur Pyramide gemacht. Einige Generationen später wird unter Snofru die Bauform perfektioniert, welcher zuerst die Knickpyramide und schliesslich die Rote Pyramide erbauen lässt. Dessen direkte Nachfahren Cheops, Chefren und Mykerinos bauen die drei grossen Pyramiden im heutigen Gizeh. Nach einem Erstarken der regionalen Herrscher und der Bürokratie kam es dann aber zu einer Zersplitterung des Reiches in der ersten Zwischenzeit.
vor 4070 – 3665 Jahren (2055 BCE – 1650 BCE) – Mittleres Reich
In dieser Periode war Ägypten, besonders am Anfang, ein dezentraler Staat. Die verschiedenen Provinzen wurden von lokalen Fürsten mehr oder weniger unabhängig, aber unter Oberherrschaft des Pharaos geführt. Bekannte Pharaonen aus dieser Zeit sind Sesostris II. und III. Im Laufe dieser Periode kommt es zu immer stärkerer Zentralisierung. Sie endet mit dem Einfall der Hyksos von Osten, später auch der Nubier von Süden während der zweiten Zwischenzeit.
vor 3543 – 3085 Jahren (1528 BCE – 1070 BCE) – Neues Reich
Unter Ahmose wurde das Reich erneut vereint. Theben wurde besonders durch den Amun-Kult zum religiösen Hauptort, der an Bedeutung gegenüber dem Re- und Horus-Kult gewann. Memphis blieb aber administrative Hauptstadt. Es kommt in dieser Zeit zu inneren Streitigkeiten.
So gab es Schwierigkeiten mit den männlichen Nachfolgern der 18. Dynastie, wodurch Hatschepsut als Königstochter an die Macht kam. Sie stärkte vor allem die diplomatischen Beziehungen des Landes mit Nachbarreichen. Ihr Neffe (und durch ihre Bruderheirat auch Stiefsohn) Thutmosis III. fühlte sich durch sie um 20 Jahre auf dem Thron betrogen, versuchte Ihren Namen soweit als möglich zu tilgen und bevorzugte die Kriegsführung als Aussenpolitik.
Amenophis IV. ersetzte den Reichsgott Amun und die anderen Gottheiten dieser Zeit durch Aton, den Sonnengott. Da Aton damit der einzige ägyptische Gott war, wird dies als erster Monotheismus der Menschheit angesehen. Er benannte sich seinem Gott zu Ehren in Echnaton um und verlegte die Hauptstadt in das eigens neu gebaute Achet-Aton. Bereits sein Nachfolger Tutenchaton (später Tutenchamun) führte, wohl unter dem Einfluss der mächtigen Amun-Priesterschaft, wieder die alte religöse Ordnung ein.
Unter den nachfolgenden 19. und 20. Dynastien gab es viele Pharaonen mit Namen Ramses. Der II. dieser Ramessiden konnte mit den Hethitern im Osten Frieden schliessen, auch durch seine Heiratspolitik. Dem III. gelang es, die Seevölker zurückzuschlagen, welche in den Norden des Landes eingefallen waren, nachdem sie ihrerseits die Hethiter besiegt hatten.
Das neue Reich endete in Bürgerkriegen. Während der dritten Zwischenzeit fielen zuerst die Nubier im Süden des Reiches ein, dann die Assyrer im Norden.
vor 2679 – 2347 Jahren (664 BCE – 332 BCE) – Spätzeit
Psammetich konnte die Assyrer wieder vertreiben und das Land wiedervereinen. Es kam immer wieder zu Auseinandersetzungen mit dem Neubabylonischen Reich im Osten. Amasis eroberte Zypern und schloss Bündnisse mit griechischen Siedlern in Libyen und liess sogar eine griechische Händlerkolonie, Naukratis, auf ägyptischem Boden zu.
539 BCE wurde das Neubabylonischen Reich von den Achämiden erobert, die 525 BCE auch den ägyptischen Pharao unterwarfen und die Macht übernahmen. So wurde Ägypten zur sogenannten Satrapie des Perserreiches.
vor 2347 – 1620 Jahren (332 BCE – 395 CE) – griechisch-römische Zeit
Die Perser wurden schliesslich selber Opfer des Feldzugs Alexanders des Grossen und 332 BCE zog dieser, nachdem er Dareios III. besiegt hatte, in Ägypten ein und der persische Satrap Mazakes übergab ihm kampflos die Herrschaft. Alexander liess sich nach ägyptischem Brauch zum Pharao krönen. Er liess viele Tempelanlagen erweitern und gründete die Hafenstadt Alexandria. Nach seinem Tod übernahm sein General Ptolemaios die Macht in Ägypten und liess den vom ihm geraubten Leichnam Alexanders dort beisetzen.
Das römische Reich führte Krieg gegen die verschiedenen griechischen Reiche und setzte auch die Ptolemäischen Herrscher immer stärker unter Druck. Ägypten wurde besetzt, die Ptolemäer-Dynastie blieb vorerst noch an der Macht. Zypern und andere ägyptische Kolonien wurden nach Ultimaten Roms an dieses abgetreten. Um 50 BCE griff Julius Caesar in einen Geschwisterzwist um die Thronfolge ein und verhalf Kleopatra VII. auf denselben. Sie wird dessen Geliebte und nach Rom eingeladen. Nach Julius‘ Ermordung floh sie zurück nach Ägypten, wo sie später auch mit dessen Nachfolger Marcus Antonius eine Beziehung hatte. 31 BCE wurden die Flotten der Beiden von Octavian (als Kaiser später Augustus genannt) besiegt, sie begingen Selbstmord und Ägypten fiel damit endgültig in römische Hand.
Unter römischer Herrschaft wurde Ägypten zur Kornkammer des Römischen Imperiums und auch die Bevölkerung des Landes erreichte einen ersten Höhepunkt mit 3 – 8 Millionen Einwohnern. Während dieser Zeit wurden die ägyptischen mit den griechischen und römischen Göttern gleichgesetzt (z.B. Hathor -> Aphrodite), wo nötig wurden die ägyptischen Götter etwas angepasst (z.B. Amun -> Zeus) oder vereinigt (z.B. Horus & Re -> Apollo), selten auch übernommen (z.B. Isis, aber auch Osiris & Api -> Serapis). Über das Römische Reich gelangte bald auch das Christentum nach Ägypten. Obwohl dieser neue Glaube auch hier Anfangs stark verfolgt wurde, kam es später teilweise gar zur gemeinsamen Nutzung Ägyptischer Kultstätten durch Christen und Polytheisten.
Diese Periode endete mit der Teilung des römischen Reiches, durch die Ägypten dem Oströmischen Reich, später Byzanz, zufiel.
vor 1396 – 217 Jahren (619 CE – 1798 CE) – Arabische Herrschaft und Islamisierung
619 CE eroberten die Perser Ägypten. Zwar gelang es dem römischen Kaiser Herakleios das Land 630 wieder für Ostrom zurückzuerobern, aber bereits 642 wurde es vom Arabischen Feldherrn Amr ibn al-As erneut erobert. Dadurch gelangte es unter die Herrschaft der Umayyaden, welche aus dem selben Stamm wie der Prophet Mohammed stammen sollen. Ab ca. 750 kamen die Abbasiden durch Revolten an die Macht. Um 869 gelangte das Land unter die Herrschaft der türkischen Tuluniden, nachdem sich Ahmad ibn Tulun, ein ehemaliger türkischer Sklave, zum Statthalter Alexandrias aufgeschwungen hatte. Um 905 konnten die Abbasiden die Macht nochmals zurückerlangen, jedoch nur für 30 Jahre. Sie wurden durch die Ichschididen abgelöst, die vom Kalifen zu Statthaltern über Ägypten eingesetzt wurden.
Nach weiteren 30 Jahren kam es 969 zur Eroberung durch die Fatimiden. Von ihnen wurde im selben Jahr auch Kairo als al-Qahira („die Siegreiche“) gegründet und wurde später zur Reichshauptstatt. Ab 1098 verlor das Reich der Fatimiden Gebiete an die Kreuzfahrer aus Europa. Um 1171 wurden die Fatimiden-Dynastie durch Saladin beseitigt und dieser begründete die (kurdische) Dynastie der Ayyubiden. Weitere Kreuzzüge konnten abgewehrt werden.
Nach 1254 fiel der letzte Ayyubiden-Herrscher einem Militärputsch seiner türkischen Mamluken-Sklaven zum Opfer, welche danach ihre eigene Mamluken-Dynastie aufbauten. 1260 konnten die Mongolen zurückgeschlagen werden. 1516 konnte Selim I. Ägypten für das osmanische Reich erobern. Die Mamluken blieben aber während dieser Zeit weiter Statthalter.
1798 unternahm schliesslich Napoleon seinen Ägyptenfeldzug. Dieser endete zwar militärisch in einer Niederlage, nicht zuletzt auch durch britisches Eingreifen, aber die mitreisenden Wissenschaftler trugen entscheidend zur Dokumentation vieler altägyptischer Tempelanlagen und zur bis heute andauernden Faszination Europas für das Land am Nil bei.
vor 217 – 62 Jahren (1798 CE – 1953 CE) – Muhammed Ali, britische Herrschaft, Königreich
Durch den französischen Angriff war die Herrschaft der Mamluken geschwächt, was dazu führte dass sich Muhammed Ali Pascha, der Befehlshaber des albanischen Kontigents der Osmanen, um 1805 als Statthalter installieren konnte. In einem Massaker 1811 in Kairo liess er die verbliebenen Mamluken beseitigen. Er begann das Land zu modernisieren, förderte die Bildung, baute die Bewässerungsanlagen aus und förderte die Baumwollproduktion. 1841 brachte er die Osmanen dazu, ihn als erblichen Vizekönig Ägyptens anzuerkennen. Unter seinen Nachfolgern wurde 1869 der Suezkanal eröffnet.
Leider kam es unter Ismail Pascha zu einer Finanzkrise und so sah er sich gezwungen, die Anteile Ägyptens am Suezkanal an Grossbritannien zu verkaufen. Dies verhinderte den Staatsbankrott jedoch nicht und das Land wurde einer internationalen Finanzaufsicht unter britischer Leitung unterstellt. Durch die Besetzung des Landes mit Truppen um Jahre 1882 übernahmen die Briten auch faktisch die Kontrolle, obwohl das Land formell noch ein Vasall der Osmanen blieb.
1922 gewährte Grossbritannien dem Land in der „Declaration to Egypt“ weitgehende Unabhängigkeit. Der damalige Sultan krönte sich selbst zum König Faud I. Britische Truppen blieben aber weiterhin im Land. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Faruq 1936 die Regierungsgeschäfte. 1942 erzwangen die Briten die Nutzung des Landes als Aufmarschgebiet der Alliierten im Kampf gegen die italienischen und deutschen Truppen in Libyen.
seit 62 Jahren (1953 CE – heute) – Republik
König Faruq wurde durch einen Militärputsch 1953 abgesetzt. Ein Jahr später putschte General Gamal Abdel Nasser gegen die Militärregierung und übernahm die Macht. Diese behielt er bis zu seinem Herzinfarkt 1970 bei. Ihm folgte Anwar as-Sadat ins Amt. Dieser wiederum wurde 1981 von einem religiösen Extremisten ermordet, worauf Hosni Mubarak an die Macht kam und diese erst kürzlich, während der weitgehend friedlichen Revolution von 2011, abgeben musste.
Kurzzeitig übernahm Mitte 2012 Mohammed Mursi, vorher Anführer der Muslimbruderschaft, als demokratisch gewählter Präsident die Regierungsgeschäfte. Ende 2012 kam es erneut zu grösseren Demonstrationen. Nachdem sich diese im Sommer 2013 verstärkten, führte dies schliesslich zu einem Militärputsch unter General Abd al-Fattah as-Sisi.
2014 wurden neue Präsidentschaftswahlen angekündigt. Da die Opposition stark zersplittert war und die Muslimbrüder als einzige andere grössere Kraft sich starker Verfolgung ausgesetzt sahen (angebliche und tatsächliche Anführer dieser Gruppierung wurden in sehr fragwürdigen Prozessen zu Hunderten zum Tode verurteilt), konnte as-Sisi die Wahl zum Präsidenten problemlos gewinnen und hat bis heute die Macht inne.
Update 07.05.2017: Grammatik, Tippfehler, kleinere Präzisierungen und Aktualisierungen.